Mehr Schärfentiefe mit Focus Stacking

 
 

Inhalt

1. Schärfentiefe
2. Makrobereich
3. Beugungsunschärfe
4. Focus Stacking
5. Technik
6. Stackingsoftware
7. Fazit

Wer sich ein wenig mit der Makrofotografie auseinandergesetzt hat, der wird wahrscheinlich schon einmal über den Begriff „Focus Stacking“ gestolpert sein. Übersetzt würde das in etwa Fokusstapel bedeuten. Wir nehmen also einen Bilderstapel mit unterschiedlichen Schärfepunkten und berechnen daraus ein Bild mit durchgängiger Schärfe. Warum so etwas vor allem in der Makrofotografie nötig ist und wie wir so etwas machen, erkläre ich in diesem Artikel.

 

1. Schärfentiefe

Um zu verstehen wie Focus Stacking funktioniert ist es wichtig zu verstehen was Schärfentiefe ist. Stellen wir uns vor, unsere Kamera fokussiert auf einen Punkt in der Landschaft, dann ist der Schärfentiefebereich der Bereich vor und nach dem Fokuspunkt welcher noch scharf dargestellt wird. Der Übergang zwischen Unschärfe und Schärfe ist jedoch fließend. Die Ausdehnung der Schärfentiefe wird dabei über die Blende gesteuert, wobei eine kleine Blendenzahl wie f/2.8 eine geringe Schärfentiefe erzeugt und eine große Blendenzahl wie z.B. f/16 eine hohe Schärfentiefe (Bild 1).

 
 

2. Makrobereich

Im Makrobereich wird der Schärfentiefebereich extrem verkleinert. Bei einem Abbildungsmaßstab von 1:1 (ein Objekt kann in Originalgröße auf dem Sensor abgebildet werden) kann er nur noch wenige Millimeter betragen. Wir könnten jetzt die Blende immer weiter schließen, bis wir ausreichend Schärfentiefe erzeugen um unser Makroobjekt durchgängig scharf abzubilden. Allerdings macht uns dann die Beugungsunschärfe einen Strich durch die Rechnung.
 
 
 

3. Beugungsunschärfe

Die Beugungsunschärfe ist ein physikalischer Effekt, der verstärkt bei großen Blendenzahlen auftritt und die Bildschärfe verringert. Ab einer gewissen Blendenzahl erhöht sich zwar die Schärfentiefe, die allgemeine Bildschärfe nimmt jedoch ab! Unser Foto erscheint also unschärfer (Bild 2). Beugungsunschärfe tritt schon ab der Offenblende auf, wird in der Regel jedoch erst ab einer Blende von f/16 störend. Das ist auch abhängig von der Sensorgröße, bei kleineren Sensoren kann Beugungsunschärfe schon bei kleineren Blendenzahlen auftreten. Da der Makrofotograf immer nach größtmöglicher Schärfe und Detailreichtum sucht, kommt jetzt die Technik des Focus Stacking ins Spiel.
 
 

4. Focus Stacking

Beim Focus Stacking werden hintereinander mehrere Aufnahmen mit verschobener Schärfeebene gemacht. Diese Aufnahmen werden dann per Software zu einem durchgängig scharfen Bild zusammengerechnet. Dabei ist es natürlich wichtig, dass sich die Schärfeebenen der einzelnen Bilder überlagern um auch wirklich einen durchgängigen Schärfeverlauf zu erhalten. Der Vorteil bei dieser Methode ist, dass wir die Blende mit der besten Abbildungsleistung wählen können. Am Ende bekommen wir also nicht nur ein durchgängig scharfes Bild, sondern auch maximalen Detailreichtum. Welche Blende das ist, hängt von eurem Objektiv ab. Da könnt ihr im Internet einfach mal nach Tests suchen und werdet bestimmt schnell fündig.
 

5. Technik

Fertigen wir einen Fokusstapel an, müssen wir ein paar Dinge beachten. Damit uns der Autofokus nicht dazwischen spielt, fokussieren wir grundsätzlich manuell. Fotografieren wir ein unbewegliches Objekt, können wir bequem ein Stativ* aufbauen und in Ruhe auf unser Objekt fokussieren. Mit einem normalen Kameraobjektiv können wir nun einfach auf eine Stelle unseres Objektes scharfstellen, ein Foto machen, neu fokussieren, wieder ein Foto machen usw. Am besten bewegen wir uns mit der Schärfeebene von der Kamera weg, fokussieren also von vorne nach hinten.

Wenn wir jedoch ein Makroobjektiv* nutzen, müssen wir etwas anders denken. Der „Fokusring“ an einem Makroobjektiv verändert den Abbildungsmaßstab, somit verändert sich also die Abbildungsgröße unseres Objekts. Um hier die Schärfenebene zu verschieben müssen wir den Abstand zwischen Objektiv und Objekt verändern. Arbeiten wir mit einem Stativ brauchen wir dazu einen Makroschlitten*. Mit diesem können wir unsere Kamera nach vorne oder zurück fahren ohne den Bildausschnitt zu verändern. Wir brauchen aber nicht dringend ein Makroobjektiv, um kleine Dinge zu fotografieren. Die Standardobjektive der Kamerahersteller bieten durchaus auch einen nutzbaren Abbildungsmaßstab und durch die hohe Megapixelzahl heutiger Sensoren lässt sich auch ein Bildausschnitt problemlos vergrößern.

Es geht jedoch auch simpler und ohne spezielles Equipment. Gerade bei beweglichen Motiven, wie z.B. Insekten, bleibt uns oft keine Zeit Stativ und Schlitten aufzubauen. Hier ist jetzt eine ruhige Hand gefragt, denn wir können einen Fokusstapel auch freihändig schießen (Bild 3). Dafür legen wir den Fokus auf die Stelle unseres Makroobjektes, das der Frontlinse am nächsten ist, schießen ein Foto, beugen uns leicht nach vorne, machen wieder ein Foto usw. Wir verlagern die Schärfeebene also mit unserer Körperbewegung. Zugegeben, diese Technik verlangt etwas Übung, führt aber trotzdem zum Erfolg (Bild 4). Und moderne Software ist inzwischen ziemlich gut darin, seitliche Bewegungen auszugleichen. Was uns auch schon zum nächsten Punkt bringt: Die Bilder zusammen „stacken“.

 

 

6. Stackingsoftware

Es gibt diverse Programme, die in der Lage sind einen Bilderstapel zusammen zu rechnen. Von Makrofotografen am häufigsten genutzt werden dabei wahrscheinlich Helicon Focus und Zerene Stacker (hier gibt es eine Anleitung).

Die Beispielbilder habe ich mit Adobe Photoshop und der Photomerge Funktion (Datei -> Automatisieren -> Photomerge) erstellt. Affinity Photo ist ebenso in der Lage einen Stapel Bilder zusammen zu rechnen (eine Anleitung in Englisch gibt es hier). Als Freeware gibt es noch CombineZ (wird jedoch nicht mehr weiterentwickelt) und Picolay.

Ähnlich wie bei der Berechnung von Panoramen ist die Vorgehensweise recht simple. Man lädt den entsprechenden Bilderstapel in die Software, welche dann ein durchgängig scharfes Bild berechnet. Je nach Software kann man noch zwischen unterschiedlichen Optionen und Rechenalgorithmen wählen. Dabei haben Photoshop und Affinity Photo den Vorteil, dass man direkt weiter mit der Bildbearbeitung machen kann, z.B. Farbanpassungen oder Fleckenretusche.

 

7. Fazit

Heutzutage lässt sich mit einfachen Mitteln eine Makroaufnahme mit hoher Schärfentiefe anfertigen. Spezielles Equipment ist dazu erst einmal nicht nötig. Auch ohne Makroobjektiv lassen sich kleine Dinge ablichten. Moderne Kameras bieten auch genug Megapixel für eine Ausschnittsvergrößerung und durch das Focusstacking bekommen wir einen recht hohen Schärfentiefebereich.

Auch wenn es noch einige unscharfe Stellen gibt, bin ich mit dem Makrostack des Drachen recht zufrieden. Und diesen habe ich freihändig fotografiert! Mit etwas mehr Übung würde ich bestimmt ein durchgängig scharfes Bild erzeugen können.

Habt ihr euch schon einmal an der Makrofotografie versucht oder gar mit Focus Stacking experimentiert?

 

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Stefano Paterna
Reisefotograf aus Leidenschaft, Autor und Dozent. Er gibt sein Wissen und seine Erfahrungen an Hobbyfotografen weiter – in Fotokursen vor Ort und auf ausgewählten Fotoreisen. Autor der Bücher Urbane Fotografie, Die Fotoschule in Bildern - Fotografieren auf Reisen, Fotoscout Venedig und Fotoscout Köln. Markenbotschafter für Kase Filters Deutschland.

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